Bericht

Konflikte im Gesprächslabor

Was in einem Dialog eine entspannte Situation schafft, Emotionen entschärft und Missverständnissen vorbeugt? Das Gesprächslabor der Schallaburg entwickelt dazu Lösungsansätze.

Liegt der Schlüssel für ein gutes Miteinander im Dialog? Wo liegen die Herausforderungen des Sprechens? Wie kommunizieren wir über Kultur- und Altersgrenzen hinweg? Und wie können Missverständnisse, Erwartungen und Emotionen im Gespräch aufgedeckt werden? Unser Ansatz: Das Gesprächslabor.

Wo das Gespräch endet, beginnt der Konflikt.
Peter Fritz, Geschäftsführer der Schallaburg

Oft sind Gespräche von Menschen unterschiedlichen Alters geprägt von verschiedenen Zugängen, Missverständnissen oder Erwartungen. Um diese Muster zu verstehen, haben wir heuer auf der Schallaburg ein Gesprächslabor eingerichtet. Im diesem Gesprächslabor erfahren Menschen unterschiedlichsten Alters Werkzeuge zur Frage: Was braucht es, damit Menschen gut miteinander reden und umgehen können. Das kann im familiären Umfeld sein, beispielsweise Eltern und Kind oder auch Geschwister untereinander, aber auch Lehrling und Vorgesetzte, im Verein oder auch Freundeskreis. 

Die Schallaburg möchte dazu gemeinsam mit Ihnen einen aktiven Beitrag leisten: In der Ausstellung haben Sie in der gesamten Saison 2023 die Möglichkeit Konflikt-Erfahrungen in unserem „Briefkasten" zu hinterlassen. Ihre Beiträge dienen den Laborteilnehmenden als Objekte für ihr Experiment.

Wie so eine Labor-Situation funktioniert und wieso wir ein solches Gesprächsexperiment auf der Schallaburg wagen? Lesen Sie die Antworten des hiesigen Laborteams.

Wieso, weshalb, warum?

Die Erschaffung des Labors

Maren von der Schallaburg: Peter, dass es nach 2019 wieder ein Gesprächslabor und einen Coaching-ähnlichen Workshop auf der Schallaburg gibt, war deine Initiative. Weshalb passt diese Art von Workshop so gut hier her auf die Schallaburg und was wünscht du dir, dass die Teilnehmenden davon mit nach Hause nehmen? Wie kam es zu diesem Thema?

Der Schlüssel für ein Miteinander

Menschen im Dialog

Mag. Peter Fritz – Geschäftsführung Schallaburg
© Rupert Pessl

Mir ist es wichtig, dass Menschen miteinander ins Gespräch kommen und ihre Sicht auf die Welt oder auf den jeweils anderen oder auf sich selbst austauschen. Ich bin überzeugt davon, dass der Schlüssel für ein gutes Miteinander im Dialog liegt. Solange Menschen im direkten Gespräch bleiben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie Konflikte konstruktiv lösen können. Wo das Gespräch endet, beginnt der Konflikt. 

Daher haben wir das Gesprächslabor auf der Schallaburg eingerichtet. Denn mein Verständnis von relevanter Ausstellungs- und Museumsarbeit ist, dass wir als Institution bewusst Räume schaffen, wo derartige Gespräche entstehen können. Damit möchten wir als Schallaburg einen aktiven Beitrag gegen die oftmals diskutierte Spaltung der Gesellschaft leisten und mit Diskurs zur Stärkung demokratischer Werte beitragen.

Maren von der Schallaburg: Oliver, du hast gemeinsam mit Julia das Gesprächslabor konzipiert. Weshalb habt ihr euch dazu entschlossen, dass die Konflikte, die bearbeitet werden von außen in die anwesende Gruppe kommen und wie läuft das ab?

Lasst uns Brücken bauen!

Oliver Jeschonek, MSc – Coaching, Mediation & Teamentwicklung
© Rupert Pessl

Unsere Idee war es zwischen der Ausstellung und dem Gesprächslabor eine Brücke zu bilden und damit Perspektivenvielfalt beim Lösen der eingebrachten Konfliktsituationen zu ermöglichen.

Im Raum Nr. 7 des Ausstellungsrundganges, wo es um Neugierde geht, gibt es eine Station wo alle Besucherinnen und Besucher eine Frage zu einer persönlich erlebten und generationsübergreifenden Konfliktsituation stellen können. Diese Frage wird dann im Gesprächslabor beantwortet und auf der Homepage von der Schallaburg dokumentiert. Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch, sondern durch das Nutzen der Gruppenintelligenz von Kindern ab 11 Jahren bis zu Erwachsenen jeder Altersgruppe werden eine Vielzahl von Konfliktlösungsmöglichkeiten angeboten, die durchwegs auch überraschen können. Diese Form der Konfliktbearbeitung ist ein neues Format und die ersten Workshops haben es gezeigt – es macht Spaß und es wurden bereits viele kreative Lösungen erarbeitet.   

Wie kommen die Konflikte ins Labor?

Objekte für die Lupe

Maren von der Schallaburg: Marcel, du leerst den „Briefkasten“ in der Ausstellung, wo die Besuchenden ihre Konflikte zur Bearbeitung abgeben können. Welche Themen beschäftigen die Menschen in den beschriebenen Konfliktsituationen?

Eine Herausforderung:

Kommunikation

Dr. Marcel Chahrour – Leitung Kulturvermittlung Schallaburg
© Rupert Pessl

Kind sein heißt für uns auch, dass es nicht immer leicht ist, sich mit Erwachsenen zu verständigen. Und wenn ihr mich fragt: Auch für Erwachsene ist es nicht immer ganz einfach, mit Kindern zu reden. 

Mit dem Gesprächslabor haben wir eine Plattform für unsere Kommunikationsprobleme geschaffen. Mitten in unserer Ausstellung steht heuer ein Briefkasten. Dort können Menschen ihre Erlebnisse mit schwierigen Gesprächssituationen deponieren. Ich leere den Briefkasten regelmäßig und es finden sich dort ganz unterschiedliche Geschichten: Manchmal läuft das Miteinander in der Schule schief, manchmal in der Familie. Die Geschichten sind bunt und geben einen Einblick, wie schwierig es manchmal sein kann, gut miteinander zu reden!

Maren von der Schallaburg: Julia, gemeinsam mit Oliver hast du die Hinführung zur generationenübergreifenden Kommunikation und den Ablauf der Bearbeitung des Konflikts geplant. Weshalb hat ihr euch für diese Methoden entschieden? 

Ganz ohne Langeweile:

Gespräche im Labor

Julia Rappich – Coaching, Mediation & Teamentwicklung
© Rupert Pessl

Im Konfliktlabor wird ausschließlich handlungsorientiert gemeinsam gelernt. Das bedeutet, dass wir in Bewegung sind und wenig am Sessel sitzen. Vorgetragene Inhalte merken wir uns schwerer. Leichter geht es, wenn wir in Aktion sind. So lernen wir über den Körper und spüren unsere Emotionen. 

Auch finden wir, dass alle Menschen Expertise zu generationsübergreifenden Konflikten haben. Deshalb wenden wir Methoden an, über die Menschen in den Austausch und ins gemeinsame Nachdenken kommen. Wir lehren keine Inhalte, sondern entwickeln sie zusammen. 

Unsere Methoden sind kreativ. Wir zeichnen, legen Kärtchen, stellen Skulpturen mit unseren Körpern dar,… eines ist gewiss, langweilig wird es nie.

Zerlegen, sezieren, Wissen schaffen

Das Experiment

Maren von der Schallaburg: Florian, du hast schon verschiedene Gruppen bei ihrer Reise durch die Konflikte begleitet. Wie gestaltet ihr die Aufwärmphase und das erste Aufeinandertreffen der Gruppe mit ihrem externen Konflikt?

Begegnung mit dem Labor-Konflikt:

Die partizipative Untersuchung beginnt

Florian Knoll – Kulturvermittlung Schallaburg
© Rupert Pessl

In der Aufwärmphase des Gesprächslabors legen wir großen Wert auf eine vertrauensvolle und kommunikative Atmosphäre. Durch spielerische Aktivitäten und Icebreaker gestalten wir das Training abwechslungsreich und interaktiv, um den Teilnehmenden Spaß, Freude und Vergnügen zu bereiten. Dabei schaffen wir eine positive Grundstimmung, die erfüllend, kommunikativ und motivierend ist. 

Beim ersten Aufeinandertreffen mit dem externen Konflikt initiieren wir einen strukturierten Dialog, der auf einer partizipativen Untersuchung basiert. Hier können alle Teilnehmenden ihre Perspektiven und Gefühle ausdrücken und ein tieferes Verständnis füreinander entwickeln. 

Diese einfühlsame und respektvolle Laborsituation bildet die Grundlage für konstruktive Lösungsansätze, die Generationen miteinander verbinden und einander verstehen lassen.

Maren von der Schallaburg: Christl, du hast nun ebenfalls schon einige Klassen im Gesprächslabor unterstützt. Wie laufen die Diskussionen in den Gruppen ab?

„Bei der nächsten Diskussion gehen wir in den Wald!"

Lösungsansätze für Zuhause

Christl Veronika Götz-Schmerschneider, MA – Kulturvermittlung Schallaburg
© Rupert Pessl

Die Kinder haben viel Spaß an ihrer Beratungsleistung, die sie in Kleingruppen erarbeiten. Sie können mit einer Leichtigkeit in die jeweilige Rolle schlüpfen und bringen viel Verständnis für die Bedürfnisse unterschiedlicher Generationen auf. Wir nähern uns mit verschiedenen Übungen den unterschiedlichen Formen der Kommunikation. 

Die Lösungsansätze, die die Kinder erarbeiten sind abwechslungsreich und wertschätzend. Erkenntnisse, die sie aus dem Gesprächslabor mit nach Hause nehmen, werden in unserer Abschlussrunde sichtbar - hier kommen beispielsweise Aussagen wie „Bei der nächsten Diskussion mit der Mama gehe ich in den Wald, an der frischen Luft ist es entspannter!" oder „Ich werde das nächste Mal Bitte und Danke sagen und meine Wünsche klar äußern."

Mit Spaß und Distanz:

Konflikte unter der Lupe

Ein Fazit

Labore dienen dazu das große Ganze in Einzelteile zu zerlegen, einzelne Situationen ganz genau unter die Lupe zu nehmen, um in Experimenten mögliche Lösungsansätze zu entwickeln. 

Auch im Gesprächslabor der Schallaburg sezieren wir die Konflikte und kommen so auf neue Ansätze für eine bessere Kommunikation. Dabei ist besonders die lustvolle Auseinandersetzung mit dem Thema, gemeinsames Diskutieren, Nachdenken und Lachen Gegenstand der Laborsituation. So wird ein gemeinsamer Besuch im Gesprächslabor zu einem wundervollen, wertvollen und nachhaltigen Erlebnis.