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Grundsätze für Sanierungen

Haltung und Nachhaltigkeit am Beispiel der Schallaburg
Blick ins Tal und auf die mittelalterliche Burgmauer der Schallaburg

Die Schallaburg ist ein 900 Jahre altes Gesamtkunstwerk. Die Geschichte des Bauwerks, die Vielfalt an Baustilen quer durch alle Jahrhunderte, die prächtigen Zeugnisse der Renaissance und rundherum die Kulturlandschaft des Mostviertels – das Renaissanceschloss Schallaburg ist einzigartig.

Es gehört zu den größten Sanierungsprojekten des Landes Niederösterreich in der Zweiten Republik. Ab 1968 wurde es komplett saniert, 1974 der Öffentlichkeit als Ausstellungszentrum zugänglich gemacht. Seitdem ist die Schallaburg ein Besuchermagnet und wird laufend instandgehalten. An der Anlage lassen sich Sanierungsmoden, -erfolge und -misserfolge sehr gut ablesen. Die Schallaburg verschreibt sich heute einer Form der Sanierung, die Rücksicht auf die Bausubstanz nimmt, sich an traditionellen Handwerkstechniken orientiert und Nachhaltigkeit im Fokus hat. Dazu wurden in den vergangenen Jahren einige Grundsätze entwickelt, die bei allen Vorhaben angewendet werden. Was bedeutet es ganz konkret, die Schallaburg denkmalgerecht zu erhalten? 

In die Pflege kommen, statt für die Ewigkeit sanieren

„Wir machen die Fuge mit Silikon dicht und sie haben für immer Ruhe!“, oder: „Wir verputzen den Sockel mit dem Sanierputz xy und sie müssen sich nie mehr darum kümmern!“ Die zuletzt auf diese Weise sanierten Bereiche der Schallaburg mussten wenige Jahre später wieder saniert werden. Die Ewigkeit hat hier teilweise nur 5, 10, an manchen Stellen 15 Jahre gedauert. Die Lehren daraus? Nicht sanieren für die Ewigkeit, sondern in die Pflege kommen. Also: Sanierungen so ausführen, dass sie später mit wenig Aufwand gepflegt und damit ihre Lebensdauer verlängert werden kann. Die Schallaburg verschreibt sich einer nachhaltigen, sanften Sanierung mit althergebrachten Handwerkstechniken und Materialien wie Kalk oder Ölfarben.

Jeder Quadratmeter ist eine Entscheidung

Für die Schallaburg gilt ebenso wie bei jedem anderen Projekt in einem denkmalgeschützten Bereich: Es gibt keine Sanierungslösung, die über ein ganzes Areal gezogen werden kann. „Jeder Quadratmeter ist eine separate Entscheidung“, lehrt Hannes Weissenbach, Restaurator und Kursleiter am Informations- und Weiterbildungszentrum Baudenkmalpflege in der Kartause Mauerbach. Dort werden Kurse für nachhaltiges Sanieren in handwerklich und technisch korrekter Ausführung gehalten. Seit einigen Jahren müssen Firmen, die auf der Schallaburg arbeiten, nachweisen, dass ihre Mitarbeiter Kurse dieser Art besucht haben. Warum? Um bei jedem Quadratmeter ihrer Arbeit vor Ort die aus technischer Sicht richtige Entscheidung treffen zu können.

Intelligenz am Bau

... und nicht nur im Kübel

Handelsübliche und als technisch ausgefeilt angepriesene Fertigmischungen aus dem Baumarkt oder der Bauindustrie werden so beworben, als könnten sie bildungsunabhängig selbst von Selbermacher*innen verwendet werden. Die Realität sieht anders aus: Zementhaltige Sanierputze verhindern die Dampfdurchlässigkeit von Fassaden. Freilich erkennen Laien und Experten die Folgen gleichermaßen oft erst Jahre später: Der neu aufgebrachte Putz wird zwar nicht mehr feucht – da er ja nach außen vollständig dicht ist –, nur die Nässe bleibt im Mauerwerk vorhanden. Diese Feuchtigkeit steigt in weiterer Folge entweder höher hinauf und zerstört darüberliegende Fassadenteile oder zersetzt schrittweise das Mauerwerk. Gefragt sind zuallererst gut ausgebildete Handwerker*innen und dann erst die Technik im Kübel. Auf der Schallaburg werden daher die hausinternen Mitarbeiter*innen in diesen nachhaltigen Techniken ausgebildet, Restaurator*innen begleiten die Arbeiten von Firmen und schulen diese in die Handwerkstechniken ein.

Zukünftige statt aktueller Kosten im Fokus

Was jahrhundertelang klar war, muss neu erfunden und argumentiert werden. Zementhaltige Putze oder lösungsmittelhaltige Lacke haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie zwar 5, 10, 15 Jahre und mehr halten, danach aber komplett erneuert werden müssen. Das heißt: Fassade zur Gänze runter und wieder neu verputzen, abgeplatzte Lackstellen am Holzfenster schleifen und wieder neu streichen. Der Aufwand ist enorm.

Es ginge auch anders, zum Beispiel mit Ölfarben auf Fenstern. Diese Beschichtung baut sich von außen her ab. Für den Betrieb heißt das: Jährlich einmal beim Jahresfensterputz mit Leinöl über den Rahmen wischen und damit auffrischen. Sobald sich die oberste Farbschicht nach Jahren ganz abgebaut hat, dann wird wieder mit Farbe nachgeölt. Und das erledigt der Haustischler zwischendurch. Ölfarbenanstriche kosten zudem kaum mehr als Lackanstriche. 

Gerade in einem Bauwerk wie der Schallaburg, wo öffentliche Gelder investiert werden, hat zudem der langfristige, nachhaltige Einsatz von Finanzmitteln Priorität. Nachhaltige Techniken sparen Geld – und tun gleichzeitig dem Gebäude und seiner Substanz ebenso wie der Umwelt gut. 

Die zentrale Erkenntnis:

Die Nutzung von Denkmälern ist vor allem eine Frage der Haltung. Die Grundsätze, denen sich die Schallaburg verschrieben hat, sollen denkmalkonformen Umgang mit historischer Bausubstanz sicherstellen ebenso wie ein Beitrag zur Nachhaltigkeit sein.